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Was ist Stress und was sind seine Folgen

 

Stress ist an sich ein normales und gesundes Phänomen. So wie wir ohne körperliche Anstrengung weder Muskeln noch Ausdauer entwickeln, brauchen wir auch psychische Belastungen, um unser Verhalten einer sich ständig wandelnden Umwelt anzupassen und Neues zu erlernen. Das Herzrasen, die feuchten Hände, die Anspannung, die wir mitunter verspüren, sind nur die auffälligsten von Hunderten physiologischen Veränderungen - der so genannten "Stressantwort", mit der unser Organismus auf alles reagiert, was unser Gehirn als Herausforderung oder Bedrohung einstuft. Dann ist unser Geist hellwach, unser Körper bereit zum Handeln. Ist die Situation bewältigt, sind Zufriedenheit und Entspannung der Lohn. 

Der Wechsel zwischen Phasen der Entspannung und Stress gilt allgemein als gesund und auch angenehm, soll auch leistungssteigernd und -motivierend wirken („Eustress“). Eustress ist dabei das Maß an Stress, das notwendig zu ertragen  ist, um die Stresstoleranz  zu verbessern ohne dass Stressbelastung die Belastbarkeitsgrenze übersteigt und mit Erfolgen/Belohnungen in absehbarer Zeit verbunden ist. Übereinstimmung mit den Wertvorstellungen des Betroffenen und zumindest die Illusion der Kontrollierbarkeit ist dabei in der Regel Voraussetzung. Stress ist individuell, wann eine Situation dazu führt, dass bei einem Menschen Stress entsteht oder Stresshormone ausgeschüttet werden hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wichtig ist dabei die körperliche Verfassung des Betroffenen, die Umgebung in der er sich befindet, seine Persönlichkeit, seine Sichtweise der Situation und in wie weit er für solche Situationen bereits Handlungsmuster oder Bewältigungsmuster parat hat.

Für gesundheitsschädliche Auswirkungen der körperlichen Stressreaktion sind im wesentlichen die folgenden Aspekte relevant:

  • Nicht abgebaute Erregung:  Nicht motorisch abgeführte Erregung der Kampf- Fluchtreaktion bleibt bestehen, die Einleitung der notwendigen Entspannungsphase wird verzögert, unter Umständen gänzlich verhindert, wenn neue Stressoren auftreten. 

  • Chronische Belastungen: Fehlen der nötigen Zeit für Erholung und Entspannung. Dies führt dazu, dass der Organismus ständig in einer erhöhten Widerstandsbereitschaft gehalten wird, in dem der Organismus sich an ein Leben mit der chronischen Belastung anpasst.  Bei zu lange anhaltender Belastung schließlich bricht das Anpassungsvermögen des Organismus zusammen. Im Stadium der Erschöpfung kann es dann zu ernsthaften Organerkrankungen kommen. Organismus kann bei einem über lange Zeit aufrechterhaltenem, erhöhtem Widerstandsniveau allmählich seine natürliche Fähigkeit zur Selbstregulation verlieren. Dies bedeutet, dass es auch in Phasen, in denen keine akute Belastung vorliegt, nicht mehr möglich ist, auf ein normales Ruheniveau zurückzukehren. Die Gefäßwände verlieren ihre Elastizität, die Gefäße können sich nicht mehr weiten mit der Folge, dass der Blutdruck chronisch erhöht bleibt. Angespannte, schmerzhafte Muskeln lassen sich nur noch schwer lockern und können reflektorisch sogar weitere muskuläre Anspannungsreaktionen auslösen, wodurch ein Teufelskreis aufgebaut wird, durch den die Anspannung kontinuierlich aufrecht erhalten wird. Erholung - auch im Schlaf - erfolgt, wenn überhaupt, immer langsamer. Spätestens hier tritt dann der Moment ein, in dem positive lebendige Spannung umschlägt in unangenehme Verkrampfung mit möglichen negativen Folgen für die Gesundheit. 

  • Geschwächte Immunkompetenz: Bei kurzfristigen, akuten Belastungen konnten sowohl unterdrückende als auch stimulierende Effekte auf unterschiedliche immunologische Vorgänge beobachtet werden. Längerandauernde Belastungen scheinen demgegenüber jedoch zu einer Abschwächung der Leistungsfähigkeit des Immunsystems führen. Damit einher geht eine allgemein erhöhte Krankheitsanfälligkeit, z.B. gegenüber Infektionen der oberen Luftwege und Herpes-Virus-Infektionen.  Stresshormone, vor allem das Cortisol, aber auch Adrenalin und Noradrenalin können immunologische Funktionen über entsprechende Rezeptoren auf immunkompetenten Zellen beeinflussen . 

  • Gesundheitliches Risikoverhalten: Direkt gesundheitsschädliche Verhaltensweisen (z.B. Zigarettenrauchen, Alkoholkonsum, ungesundes Ernährungs- und Essverhalten) können in Belastungssituationen als Teil der ´Verhaltens-Stressreaktion verstärkt auftreten. Dadurch wird zum einen das Erkrankungsrisiko direkt erhöht. Zum anderen vermindern die genannten Risikoverhaltensweisen längerfristig die allgemeine Belastbarkeit und tragen zu einer rascheren Erschöpfung der Widerstandskräfte bei. 

  • Stressantworten sind auch geschlechtsspezifisch Männern reagieren überwiegend stärker auf auf Leistungsstressoren, Frauen auf zwischenmenschliche Stressoren. Frauen schätzen die Effektivität sozialer Unterstützung höher ein als Männer. Sie nehmen deshalb auch eher soziale (auch professionelle) Unterstützung an. Frauen schätzen Unterstützung als positiver ein unabhängig von der Effektivität. 

 

Die Folge sind Angststörung

 

Aus eigener Erfahrung kann ich feststellen, dass Angststörungen der Ausgangspunkt einer Kette von stressfördernden Fehlentwicklungen bei der Leistungserbringung ist. In der Schleife zwischen "Nicht-wahrhaben-wollen" und "denen zeige ich´s" verliert der Betroffene im Laufe der Zeit die Übersicht über seine tatsächliche Leistungsfähigkeit und rennt direkt auf den Abgrund zu, ohne es wirklich zu merken.

Der einzige Ausweg ist hier oft der totale Ausstieg, auch wenn er mit finanziellen und anderen Konsequenzen verbunden ist. Es geht dann um´s Überleben. Betriebe tragen hierbei eine sehr große Verantwortung gegenüber dem Mitarbeiter, der sie aber in den seltensten Fällen gerecht werden.

 

Wie erkennt man, wenn es soweit ist?

 

In der Medizin unterscheidet man folgende Symptome (nach DSM IV):

  • Übermäßige Angst und Sorge (furchtsame Erwartung) bezüglich mehrerer Ereignisse oder Tätigkeiten (wie etwa Arbeit oder Schulleistungen), die während mindestens 6 Monaten an der Mehrzahl der Tage auftraten.

  • Die Person hat Schwierigkeiten, die Sorgen zu kontrollieren.

  • Die Angst und Sorge sind mit mindestens drei der folgenden 6 Symptome verbunden (wobei zumindest einige der Symptome in den vergangenen 6 Monaten an der Mehrzahl der Tage vorlagen). Bei Kindern genügt ein Symptom.

1. Ruhelosigkeit oder ständiges "auf dem Sprung sein",

2. leichte Ermüdbarkeit,

3. Konzentrationsschwierigkeiten oder Leere im Kopf,

4. Reizbarkeit,

5. Muskelspannung,

6. Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafschwierigkeiten oder unruhiger, nicht erholsamer Schlaf).

  • Die Angst und Sorgen sind nicht auf Merkmale einer anderen psychischen Störung beschränkt, z.B. die Angst und Sorgen beziehen sich nicht darauf, eine Panikattacke zu erleben (wie bei der Panikstörung), sich in der Öffentlichkeit zu blamieren (wie bei der Sozialen Phobie), verunreinigt zu werden (wie bei Zwangsstörung), von zu Hause oder engen Angehörigen weit entfernt zu sein (wie bei Störung mit Trennungsangst), zuzunehmen (wie bei Anorexia Nervosa), viele körperliche Beschwerden zu haben (wie bei Somatisierungsstörung), oder eine ernsthafte Krankheit zu haben (wie bei Hypochondrie), und die Angst und die Sorge treten nicht ausschließlich im Verlauf einer posttraumatischen Belastungsstörung auf.

  • Die Angst, Sorge oder körperlichen Symptome verursachen in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.

  • Das Störungsbild geht nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz (z.B. Droge, Medikament) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors (z.B. Schilddrüsenüberfunktion) zurück und tritt nicht ausschließlich im Verlauf einer Affektiven Störung, einer Psychotischen Störung oder einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung auf.

Menschen, die infolge überhöhten Stresses erkranken oder kurz davor stehen, sollten sich in ärztliche Behandlung begeben, ehe der gesundheitliche Schaden zu groß wird, denn dann wird gerade dieser Schaden zur eigentlichen Existenzbedrohung.

Besonders in Betrieben, Behörden und Verwaltungen sollte auf außergewöhnliche Stressfaktoren geachtet werden, da dadurch die Leistungsfähigkeit Einzelner und auch ganzer Abteilungen enorm herabgesetzt werden kann. Der Arbeitgeber hat darüber hinaus eine soziale Verpflichtung gegenüber dem Mitarbeiter.

Der Umgang mit dem Stress von Mitarbeitern ist für Vorgesetzte schon deshalb ein heikles Thema, weil bei mutwilligem Herbeiführen von existenzbedrohenden Stresssituationen unter Umständen der Tatbestand der fahrlässigen oder nach klarem Erkennen der Stresssituation der vorsätzlichen Körperverletzung gegeben sein kann.

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