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 30. Janaur 2004    - Ruhestand von Klaus Klee

 

Sperrmüll

 

Hatten Sie schon einmal mit Menschen zu tun, die alles gebrauchen und sich von nichts trennen können?

Können sie sich vorstellen, was alles hervorgekramt wird, wenn dann ein Umzug ansteht?

 

Ich weiß, wovon ich spreche. Am Ende meines Umzuges, der in mehreren Etappen ablief, stand das Auflösen der Abstellflächen im Keller und auf dem Dachboden. Es waren die Dinge, die gänzlich aus dem Blickfeld geraten waren und die ich ehrlich gesagt auch seit Jahren nicht vermisst habe. Mit jedem Gegenstand, den ich in die Hand nahm, rückte ein Stück Erinnerung ins Bewusstsein, was dem Gegenstand einen Bezug zu meinem Leben verlieh. Den materiellen Wert hatten die Gegenstände längst verloren, nicht aber den ideellen Wert.

 

Wohin mit den geschichtsträchtigen Relikten längst vergangener Zeiten? Der Rest einer elektrischen Eisenbahn, die einst ein Fläche von drei mal sieben Meter bedeckte, eine komplette Autorennbahn mit über vierzig Meter Strecke und einem guten Dutzend fahrbereiter Autos, einem ganzen Koffer voller Abzüge aller möglicher Formate, die meine Dunkelkammer- und Fotolaborzeiten wieder aufleben ließen, eine Zeichenmaschine, bei der die Lineale und die Spannfedern fehlten, ein Christbaumständer von 1900, der als Spieldose einen Weihnachtsbaum mit drei Weihnachtliedern um Kreis herum drehen lassen konnte, zwei komplette abgeschlagene Schrankwände mit korrodierten Beschlägen, ein Schaukelstuhl, ein Esszimmertisch, zwei fast nagelneue Fernsehantennen und ein alter Volksempfänger. Das und noch viel viel mehr förderte ich zutage. Daneben eine Unmenge von Sockel- und Gardinenleisten, die man irgendwann mal hätte gebrauchen können. Sogar die Originalkartons von zwei Fernsehapparaten mitsamt ihrem Styropor-Innenleben standen herum - man braucht so etwas, wenn neue Geräte mit einem möglichen Defekt zurück geschickt werden müssen. Waren sie aber nicht!

 

Etappenweise transportierte ich diesen Kram bis in die Garage, die als Sammelpunkt für den Abtransport bzw. den Sperrmüll diente. Noch hing ich meinen Gedanken nach - der Erinnerungen wegen - als mich auch schon eine Nachbarin in Empfang nahm, die für ihre Sammelwut bekannt ist. Für fast jeden Gegenstand hatte sie Verwendung und ich hatte meine liebe Mühe, die brauchbaren Sachen zu retten und ihr begreiflich zu machen, dass ich einiges davon mitnehmen werde.

 

Also - die alten Fernsehkartons waren von größtem Interesse. Auch ein alter Lampenschirm wurden von ihr als Beute beiseite geschafft. Das war aber nur der Anfang. Einen alten Dia-Betrachter fand sie toll und sie musste ihn unbedingt retten. Allerdings fragte sie nach der Rettung erst nach, was man eigentlich damit macht!?

 

Sauber trennte ich meine Sachen. Links standen die Sachen, für die ich weiterhin Verwendung habe, rechts der Sperrmüll. Kaum hatte sie das System begriffen, gab es noch eine dritte Variante - das, was sie gebrauchen konnte. Es herrschte ein riesiges Durcheinander, das ich mit Gewalt beendete.

 

Am nächsten Tag kam ich in die Garage und stellte fest, dass der halbe Sperrmüll schon weg war. Nach wenigen Minuten war doch die Nachbarin schon wieder da und begann erneut mit dem Abtransport absolut unbrauchbarer Gegenstände.

Als der Sperrmülltermin nahte, war ich heilfroh, als der Spuk zu Ende war und ich die wenigen interessanten Stücke gerettet hatte.

Jetzt überlegt meine Frau krampfhaft, was sie mir vor dem nächsten Sperrmülltermin alles stibitzen kann - nur, weil sie manche Erinnerungen nicht mit mir teilen kann. Vielleicht ist es ja auch nur, weil ich schon wieder begonnen habe, alles zu sammeln.

 

Trotzdem - man braucht etwas erst, wenn man es weggeschmissen hat!

So habe ich alles - aber ich brauche es nicht!