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Was man von seinen Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern erwartet

 

Wenn ich an die letzte Fastnachtssitzung "Mainz, wie es singt und lacht" denke, muss ich unweigerlich schmunzeln. Der Grund ist ein überaus gelungener Vortrag, der die Phase des Eintrittes in die Rente zum Gegenstand hatte. Der Redner schilderte zunächst, wie er sich seine Verabschiedung durch die Firmenleitung vorstellte. Mit blumigen Worten beschrieb er, wie seine jahrelange verdienstvolle Tätigkeit gewürdigt werden würde und wie unentbehrlich er eigentlich für das Unternehmen sei. Als es dann soweit war, wurde er kurz und schmerzlos ausgemustert und zuhause vom "neuen Chef", seiner Frau, übernommen. Art und Intensität des Vortrages ließen erkennen, dass es sich um wirklich Erlebtes handelte. Kein Mensch könnte die Höhen und Tiefen so beschreiben, ohne selbst in der Lage gewesen zu sein.

 

Wie stelle ich mir nun meinen eigenen Übergang vor? 

Welche Erwartungen habe ich eigentlich?

 

Nach 32 Jahren Betriebszugehörigkeit und Einsatz in einem als Berufung beherrschten Metier ist das Empfinden natürlich nicht das gleiche, das ein Karriereritter hat, der alle paar Jahre in vordergründiger Absicht die Firma wechselt. 32 Jahre prägen zwar, müssen jedoch nicht zur Betriebsblindheit führen, wie die Karriereritter gern glaubhaft machen wollen. Bodenständigkeit und der Hang zur Perfektion, aber auch die Verlässlichkeit und Stabilität in Traditionsunternehmen mit solider Geschäftsführung führen zu so langen beruflichen Phasen mit großer persönlicher Zufriedenheit. Kommt noch hinzu, dass man als Macher wirken und das Umfeld relativ eigenständig gestalten kann, so ist die Identifikation mit der Aufgabenstellung und über den Erfolg auch mit dem Unternehmen sehr hoch. Das Erreichte hat einen hohen Stellenwert und genießt größten persönlichen Schutz. Schließlich sind einem die Früchte nicht in den Schoß gefallen!

Automatisch leite ich in meinem speziellen Fall hiervon die Erwartung ab, dass meine Vorgesetzten das Geschaffene nicht zerstören, die Kollegen den Ertragsnutzen erkennen und zusammen mit den Mitarbeitern den Prozess permanenter Verbesserung fortführen.

 

Hier beginnt jedoch schon das Problem. Seit einem Jahr versuche ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln, meinen Vorgesetzten den Aufbau und die Wirkungsweise meiner Organisation zu vermitteln - leider mit mäßigem Erfolg. Vielmehr hat das vergangene Jahr dazu geführt, das Organisationsgebilde und dessen feinnervige Regelkreise permanent zu erschüttern. Man kann schon von einem systematischen  Downsizing sprechen - um unsere neudeutsche Sprachweise nach Übernahme durch ein amerikanisches Unternehmen zu bemühen. Es scheint, als müsse man die Potenziale der Zukunft erst künstlich schaffen. Der oft zitierte "Elefant im Porzellanladen" zeigt, dass derartige Prozesse ständig und überall ablaufen.

 

Nachdem das Downsizing bereits sehr weit fortgeschritten ist, erwarte ich von der Führung eigentlich nichts mehr, obwohl die Hoffnung zuletzt stirbt. Dabei kann man noch nicht einmal die Bezeichnung Dilettanten verwenden, weil sich nur Fachleute dilettantisch benehmen können. Auch an Kollegen halten sich meine Erwartungen stark in Grenzen, denn ich entdecke keinen, für den seine Tätigkeit mehr ist als ein Job oder eine Karrierestation. Der Personenkreis bringt bestenfalls die eigene Ecke in Ordnung. Vernetztes Denken ist meistens nicht anzutreffen und das Wissen um  Gesamtzusammenhänge oder -funktionen ist erschreckend unterentwickelt. Dafür sind "Vereinfachungen" und Hauruck-Aktionen, die mit höchstem Informationsaufwand in die Fläche gebracht werden, Trumpf. Meine Erwartung, wieder zu solider anständiger Arbeit zurückzukehren, werden sich sicher nicht erfüllen.

 

Wirkliche Erwartungen habe ich nur an meine Mannschaft, die bisher in bewundernswerter Weise alle Stürme im Wasserglas unbeirrbar überstand. Das WIR-Gefühl und das Bewusstsein, eine besondere Truppe mit hohem Wirkungsgrad zu sein, hat eine Mannschaft geformt, die unweigerlich auseinander fällt, wenn sie menschlich nicht richtig geführt wird. Obwohl die Hoffnung - wie bereits erwähnt - zuletzt stirbt, ist nur mein Team weiterhin in der Lage, meine Erwartungen zu erfüllen. Ich erwarte, dass sich aus diesem Team die Leistungsträger zielstrebig weiterentwickeln und hoffe, dass ihnen die menschliche und fachliche Autorität zur Seite steht, die sie verdienen.

 

Bliebe noch die Erwartung an "das Unternehmen". Vor einem Jahr hatte ich noch sehr hohe und realistische Erwartungen. Das hat sich inzwischen grundlegend geändert. Mit unserem letzten Geschäftsführer ging auch die entscheidende Integrationsfigur, die es verstanden hätte, einem Mitarbeiter mit sehr bewegter Vergangenheit und bei dem das Unternehmen noch sehr viel gut zu machen hätte, gebührend zu verabschieden. Mittlerweile fühle ich mich nur noch als Wirtstier für Karrieristen, die immer wissen, woher der Wind weht... .

 

Ich denke, wir sind schon amerikanischer, als die Amerikaner - zumindest tauschen wir willfährig und leichtfertig unsere Werte ein. Von unseren neuen Herren erwarte ich nach den gemachten Erfahrungen jetzt gar nichts mehr.